Neophyten und Neozoen

Diese Begriffe stehen für Pflanzen- bzw. Tierarten, die seit 1492 (Entdeckung Amerikas) durch den Menschen absichtlich oder zufällig, in für sie auf natürlichem Wege unerreichbare Gebiete, gelangt sind und sich erfolgreich fortpflanzen und ausbreiten. Ältere Fremdlinge nennt man Archäophyten und Archäozoen. Der Vollständigkeit halber sind auch noch die Neomyceten (Pilze) zu erwähnen, von denen es immerhin schon 41 nicht heimische Arten in Deutschland gibt.

Eines der bekanntesten Beispiele für Neozoen ist die Kaninchenplage in Australien. Die ersten Wildkaninchen gelangten 1859 nach Australien. 24 Stück wurden in Victoria ausgesetzt. Sie eroberten das Land mit einer Geschwindigkeit von 100-300 Kilometer pro Jahr. Sie verursachten Schäden in der Landwirtschaft und durch die Bekämpfungsmaßnahmen von hunderten von Millionen Dollar. Erst die 1950 wiederholte Infektion der Kaninchen mit Myxomatose konnte der Invasion Einhalt gebieten. Myxomatose ist ein hochinfektiöses Pocken-Virus, das bei Laborkaninchen entdeckt wurde und normalerweise bestimmte südamerikanische Nagetiere befällt. Heute hat die Population nur noch 1-10% ihrer ursprünglichen Größe.

Wirbeltiere, die als Neozoen leben

Waschbären
Waschbären. Foto: Andrea Bernd

Wirbeltiere, die in Deutschland als Neozoen leben, sind z.B. Waschbär (Procyon lotor), Marderhund (Nyctereutes procynoides), Halsbandsittich (Psittacula krameri), Mönchsittich (Mysiopsitta monachus), der Große Alexandersittich (Psittacula eupatria), der Fasan (Phasanius colchicus), die Kanadagans (Branta canadensis), der Ochsenfrosch (Rana catesbeiana) und die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss).

Zu den Neozoen im Insektenreich zählen u.v.a. der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) und die Reblaus (Viteus vitifolii).

Neophyt, nordamerikanische Wasserpest

Wasserpest
Wasserpest aus der ErftFoto: Andrea Bernd

Aquaristisch bekanntester wasserbewohnender Neophyt ist die Nordamerikanische Wasserpest (Elodea canadensis und Elodea nuttallii). Neuerdings auch das Nadelkraut (Crassula helmsii), das sich, in quadratmetergrossen Kissen schwimmend, z.B. im Fühlinger See im Kölner Norden erfolgreich breit gemacht hat.

Wasserbewohnende Neozoen sind z.B. die Sonnenbarsche (Lepomis gibbosus ), Wollhandkrabben (Eriocheir sinensis) und Körbchenmuscheln (Corbicula fluminea ).
Die Sonnenbarsche wurden 1877 durch M.Begg und 1891 von Borne eingeführt. In Europa lebt dieser Fisch nun größtenteils im Donaueinzugsgebiet.

Wollhandkrabbe und Körbchenmuschel

Wollhandkrabbe
Wollhandkrabbe aus dem Rhein bei LeverkusenFoto: Frank Mersch

Wollhandkrabbe und Körbchenmuschel wurden als Larven in den Ballastwassertanks der großen Containerschiffe verschleppt. Die Körbchenmuschel kann man heute z.B. am Rhein in großen Mengen finden.

Durch das Einschleppen von nordamerikanischen Flusskrebsen (z.B. des Kamberkrebses (Orconectes limosus)) wurden unsere einheimischen Arten nicht nur durch Nahrungs- und Lebensraumkonkurrenz bedroht, sondern durch eine Pilzerkrankung.

Die Krebspest, erstmalig 1860 in Italien aufgetaucht, tötet europäische Flusskrebsarten fast hundertprozentig. Da die nordamerikanischen Krebsarten nicht krank werden, aber die Krankheit übertragen können, wurde die Krebspest in ganz Europa und Russland ungehindert verbreitet.

Körbchenmuschel
KörbchenmuschelFotos: Andrea Bernd

Der heimische Edelkrebs (Astacus astacus) ist hierdurch bereits stark bedroht. Es gibt viele weitere Fälle, in denen Arten zunächst vom Menschen verschleppt wurden, sich dann anschließend selbständig weiter verbreiteten, wie der Schlickkrebs (Corophium curvispinum), der Zwergwels (Ictalurus nebulosus), die Sandklaffmuschel (Mya arenaria) oder der Klassiker der aquatischen Neozoen, die Dreiecksmuschel (Dreissena polymorpha).

Nach einem beinahe 10-jährigen Forschungsprogramm wurde vom Umweltbundesamt eine Studie veröffentlicht, nach der 1.322 Tierarten in Deutschland freilebend festgestellt werden sind, die durch den Menschen eingeschleppt wurden.